Sonntag, 20. Januar 2019

Schreibprojekt


Szenische Lesung mit Klangteppich war 
ein einmaliger Glanzpunkt mit Emotionen pur

Emotionen pur auf allen Seiten – immer wieder schwankte das Publikum zwischen Tränen der Rührung und großen Respekt vor dem Mut und der Tatkraft der Akteure, und auch diese waren sichtlich ergriffen. Mit anderen Worten: Die szenische Lesung mit Klangteppich der Aktion „Eine Stadt schreibt ein Buch“ setzte gestern einen grandiosen vorläufigen Schlusspunkt unter das Projekt „Baden-Baden liest und schreibt ein Buch“.


Das Interesse der Baden-Badener an dem Projekt ist ungebrochen groß, deshalb hatten sich die Veranstalter entschieden, zwei Termine an einem Tag anzubieten - und natürlich! An beiden war der Bonhoeffersaal mehr als ausgebucht, und viele Unbekümmerte, die das Angebot der Reservierung leider nicht genutzt hatten, wurden enttäuscht und mussten nach Hause geschickt werden. Sie haben definitiv einen einmaligen Glanzpunkt verpasst.

Bis auf den letzten Platz besetzt war der Bonhoefferssal zu beiden Terminen

Hatte man sich im Jahr 2018 mit vielfältigen Aktionen ganz dem Thema Lesen gewidmet und sich auf Anregung des Bündnisses „Baden-Baden ist bunt“ in der ganzen Stadt anhand des Buches „Ertrinken“ mit Gerhard Durlachers Kindheit im Dritten Reich in Baden-Baden beschäftigt, so steht das Jahr 2019 im Zeichen des Schreibprojekts, das der Arbeitskreis Stolpersteine initiiert und begleitet hat. 

Die Organisatorinnen Angelika Schindler, Petra Mallwitz und Ulla Hocker (von links)
 
Seit einen Jahr sammeln Angelika Schindler, Petra Mallwitz und Ulla Hocker nun schon Fluchtgeschichten aus verschiedenen Jahrzehnten und unterschiedlichen Startländern, die alle in Baden-Baden endeten; sie arbeiteten mit interessierten Teilnehmern in zahlreichen Workshops jeweils einen Schlüsselmoment der Flucht aus und begleiteten den Schreibprozess intensiv. Eine Arbeit, die, wie die Drei gestern verrieten, noch lange nicht abgeschlossen ist, weil sich immer noch Menschen melden und ihre Geschichte ebenfalls aufschreiben wollen. Ziel wird - vielleicht im Herbst - ein Buch werden, in dem all diese gesammelten Geschichten veröffentlich werden sollen.

Gestern entpuppte sich der erste Zwischenschritt, eben jene „Szenische Lesung mit Klanginstallation“, als unglaubliche, unvergessliche emotionale Achterbahnfahrt. 

 

Auch der Klangteppich der Berliner Künstlerin Rike Scheffler (siehe unten), aus dem kleine Schnipsel der Fluchtgeschichten erklangen, war genau die richtige Einstimmung. 




Die Künstlerin Rike Scheffler (rechts) mit der derzeitigen Baldreit-Stipendiatin, Charlotte Eifler

Die Teilnehmer selbst berichteten sehr ergreifend über die Gründe, die sie in die Flucht getrieben hatten, sie berichteten über die Schwierigkeiten auf dem Weg, über atemberaubende Zufälle und Glücksmomente, sie berichteten vom Ankommen in Baden-Baden und zeigten Erinnerungsstücke, die sie aus der Heimat mitgenommen haben, das reicht von der Schreibmaschine, einer Pelzmütze und einem Schatzkästchen oder einem roten Schal bis hin zum Salz- und Pfefferschälchen, einem Koffer oder einem Hobel. 


Die Schauspieler Nadine Kettler und Ron Spieß ergänzten diese Berichte mit ausdrucksstark vorgetragenen Passagen aus den Fluchtgeschichten, und die Dramaturgie des Zusammenspiels begeisterte alle.

Nadine Kettler


Ron Spieß

Und auch die Akteure hatten zum Schluss allen Grund zum Strahlen. Sie hatten zusammen mit dem Arbeitskreis Stolpersteine und unterstützt durch die Dramaturgin des Theaters, Leona Lejeune, intenive Probenzeiten hinter sich. Zusammenfassend kann man sagen: Die großen Mühen haben sich gelohnt! Danke!