Ausgrenzung beginnt schleichend
„Nirgends
war es warm und sicher“– so beschreibt Gerhard Durlacher seine
vom Nationalsozialismus überschattete Kindheit in Baden-Baden:
Spielkameraden lassen den 7jährigen im Stich, die Nerven der Eltern
liegen ständig blank. Immer wieder muss er Abschied nehmen – von
seinem christlichen Kindermädchen oder seiner Hündin Senta, die vor
der bevorstehenden Flucht nach Holland eingeschläfert werden muss.
In seinem Buch "Ertrinken. Eine Kindheit im Dritten Reich"
erzählt der Soziologe und Schriftsteller von zunehmender
Ausgrenzung, Diskriminierung und Heimatverlust. Sein Fazit:
„Unzählige Deutsche, gleichgültig oder vor Angst gelähmt, sahen
uns direkt vor ihren Augen ertrinken. Nur einzelne Mutige (...)
retteten einen Ertrinkenden aus den Fluten“.
Das
Aktionsbündnis „Baden-Baden ist bunt“ erinnert an den inzwischen
verstorbenen Gerhard Durlacher, der am 10. Juli 2018 seinen 90.
Geburtstag gefeiert hätte. Sein autobiographisches Buch ist
Ausgangspunkt für eine Spurensuche in Baden-Baden - nach weiteren
Geschichten, Lebenswegen und Schicksalen, nach Schauplätzen und
Hintergründen. Unterschiedliche Kooperationspartner tragen aus ihrer
Perspektive einen Mosaikstein zum Gesamtprojekt bei: in Form von
Vorträgen und Diskussionsrunden, Lesungen und Theaterinszenierungen,
Stadtspaziergängen, Schulprojekten und Filmvorführungen etc. Mit
dabei sind der Arbeitskreis Stolpersteine Baden-Baden, zahlreiche
Schulen, das Theater, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, das
Stadtmuseum, die örtlichen Buchhandlungen, die Volkshochschule, der
Verein Leselust, das Badische Tagblatt, die Stadtbibliothek, das
Kulturamt und viele weitere Einrichtungen der Stadt.
Hier geht es zum Bericht über die ergreifende Buchvorstellung zum Auftakt der Aktion => KLICK
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Das
Buch ist da!
Überpünktlich
traf Ende November endlich das Buch ein!
Als
das Bündnis "Baden-Baden ist bunt" vor gut einem Jahr die
Idee zur Aktion "Eine Stadt liest ein Buch" aufgriff und
beschloss, 2018 Gerhard Durlachers Erinnerungen an seine Kindheit im
Dritten Reich in Baden-Baden stadtweit zu "lesen", da
war das Buch "Ertrinken" leider vergriffen. Mühsam
besorgten wir uns einige antiquarische Exemplare, die im
Organisationsteam die Runde machten.
Dank
der engen Zusammenarbeit mit dem "Arbeitskreis Stolpersteine"
konnten wir Kontakt zum Verlag und zu den Angehörigen Durlachers
aufnehmen und sie für die Idee gewinnen, das Buch neu aufzulegen.
Die Sprecherin des Arbeiskreises Stolperstein, die Redakteurin beim deutsch-französischen Sender Arte und Autorin eines
Buchs über die Geschichte der Juden in Baden-Baden: „Der verbrannte
Traum. Jüdische Bürger und Gäste in Baden-Baden“, Angelika
Schindler, erklärte sich daraufhin bereit, als Herausgeberin zu
fungieren.
Der
Text musste neu erfasst werden, wobei auch gleich vorsichtig einige
kleine redaktionelle Korrekturen vorgenommen wurden, Angelika
Schindler verfasste außerdem eine Einleitung, und konnte den Berliner Historiker Prof. Peter
Steinbach, der einige Jahre in Baden-Baden lebte, für ein Vorwort gewinnen.
Die
Sonderedition ist nur in Baden-Baden erhältlich; 3000 Stück wurden
gedruckt und werden ab sofort über den örtlichen Buchhandel
vertrieben.
95
Seiten, Schutzgebühr 5 Euro.
Es
soll kein Gewinn erwirtschaftet werden, auch die Buchhandlungen
verzichten auf die sonst üblichen Rabatte. Der Überschuss aus dem
Verkauf wird voll in die Aktion fließen, es werden unter anderem
Gelder für Lesungen, Referenten, Saalmieten, etc gebraucht.