"Jeder, der hören wollte, konnte hören..."
Leseaktionen mit dem Durlacher-Buch
Heute
war Endspurt im Lesegarten des Rathauses, und alle kamen:
„Ausverkauft“, würde man sagen, hätte man Eintritt zahlen
müssen, „volles Haus“, wenn es nicht im Freien gewesen wäre.
„Volle Bänke“ also.
Was
sehr erfreulich ist, denn das Thema an sich war und ist ernst.
„Ertrinken“ von Gerhard Durlacher in der Gänze zu hören, geht
noch etwas mehr unter die Haut als es für sich zu lesen. Gebannt
hörte das Publikum zu, fast konnte man spüren, wie der eine oder
andere eine Gänsehaut bekam. Vor allem das Schlusskapitel, in dem
für den kleinen Gerhard – neben all den für ihn unverständlichen
Gräueln unfassbar – sein geliebter Hund getötet werden musste,
und die Schluss-Sequenz, die Wiederkehr nach vielen, vielen Jahren,
ließen niemanden unberührt: „Dies ist kein Land von Blinden,
Stummen, Tauben. Jeder, der hören wollte, konnte hören. Jeder, der
sehen wollte, konnte sehen.“ Sätze, die sich einbrennen.
Das
Kulturbüro der Stadtverwaltung, das im Rahmen der stadtweiten Aktion
„Baden-Baden liest ein Buch“ in dieser Woche das Buch in der
Mittagspause vorlas, zeigte sich von der Resonanz der Bevölkerung
beeindruckt. Selbst bei Regen kamen am Dienstag ein Dutzend Menschen,
man zog sich kurzerhand in den trockenen gläsernen Übergang zum
Sitzungssaal zurück und hatte auch von hier einen mahnenden Blick
auf die Stadt. Heute nun zum Finale waren es immerhin 20 Personen,
die unter den großen Bäumen des Gärtchens auf Holzbänken Platz
nahmen.
Sichtlich
berührt wollte die Chefin des Kulturbüros, Petra Heuber-Sänger, am
Ende gar keine großen Schlussworte sprechen, denn „Durlachers
Erzählung ist von bitterer Präzision und schockierender
Eindringlichkeit.“ Nur so viel wollte sie allen auf den Weg geben:
„Vor dem Haus in der Lichtentaler Straße 56 liegen drei
Stolpersteine. Vielleicht helfen sie uns, wachsam zu bleiben. Denn im
Getöse unserer eigenen Geschäftigkeit hören wir scheinbar die
Sirenen nicht – oder sie werden überlagert von den schrillen Tönen
in unserer aktuellen politischen Kultur.“
Nächste
Woche geht es weiter: Am Dienstag, 19. Juni, und Mittwoch, 20. Juni, wird Tina Lipps (Foto: privat) jeweils
ab 16 Uhr eine Stunde lang im Gemeinschaftsraum des Via-Wohnprojekts, in der Cité,
Pariser Ring 39 (Bus 205) einige ausgewählte Kapitel aus Durlachers Buch vorlesen und gerne auch darüber diskutieren. Eine
Gelegenheit für alle, die den Weg in die Stadtmitte
diese Woche nicht gefunden haben. Herzlich willkommen, der Eintritt
ist frei! => KLICK
Und außerdem läuft -
allerdings nicht öffentlich - im Augenblick eine Vorlese-Aktion
in der Tagesstätte der Caritas. Hier liest Stefan Lutz-Bachmann
älteren Menschen aus dem Buch vor, mit ähnlich guter Resonanz übrigens.
Wir verzichten allerdings mit Rücksicht auf die Privatsphäre dieser
Zuhörer auf Fotos.