Montag, 24. September 2018

Rosie Dasch


Schrecklich und einprägsam:
Das Konzert von Rosie Dasch

Das Thema der Ermordung von Juden im Dritten Reich ist immer schrecklich. Aber noch viel schrecklicher ist es, Berichte aus einem Ghetto zu hören, Lieder zu hören, die diese Menschen in ihrem Elend, den sicheren Tod vor Augen, noch komponiert und gesungen und gespielt haben. Zu erfahren, wie diese Menschen zusammengetrieben wurden, weggesperrt, wie ihnen nicht erlaubt wurde, nach einem harten Arbeitstag außerhalb des Lagers Lebensmittel hineinzuschmuggeln, wie sie Tag für Tag erlebten, wie Nachbarn, Freunde, Verwandte abgeholt wurden und nie wiederkamen. 

Oder gar – ganz unvergesslich brennt sich das ein – zu hören, wie eine Frau und Mutter eindrücklich beschreibt, wie sie und ihre Töchter zur Erschießung geführt werden, die Töchter sterben und auch sie getroffen wird, aber irgendwann nachts im Massengrab in einem Blutbad aufwacht, verwundet, wie sie sich zu einem nahegelegenen Bauernhof schleppt - und wieder zurück ins Ghetto kommt, und es diesmal nicht überlebt.




Beklemmende Augenblicke waren dies. Unter dem Motto „Es iz geven a zumertog – es war an einem Sommertag“ zeichneten Roswitha Dasch und Ulrich Raue aus Wuppertal am Sonntag in der Lutherkirche in Lichtental die Geschichte des Wilnaer Ghettos im Spiegel seiner Lieder nach, und zwar exakt am 23. September, dem 75. Jahrestag der endgültigen „Räumung“ des Ghettos.


Enttäuschend wenig Zuhörer waren gekommen, aber sie erlebten einen ganz besonderen Abend, den sie so schnell nicht vergessen werden. Mit den nüchternen Texten und einem unter die Haut gehenden 13teiligen Liederzyklus ließen Dasch und Raue jene Zeit wieder auferstehen und gaben auf eindringliche Weise tausenden Ermordeten eine Stimme.


Auf Initiative von Gisela Erbslöh, die auch die einführenden Worte sprach, war es im Rahmen der interkulturellen Wochen Baden-Baden gelungen, die beiden Musiker nach Baden-Baden zu holen. Ihr Konzert war auf Einladung von Pfarrer Thomas Weiß von der evangelischen Luthergemeinde in Kooperation mit der Evangelischen Erwachsenenbildung und in Verbindung mit der Aktion „Baden-Baden schreibt und liest ein Buch“ zustande gekommen. 


 

Rosie Dasch hat sich seit Beginn der 1990er Jahre der Geschichte des Wilnaer Ghettos verschrieben, eine Lebensaufgabe, wie sie sagt. Sie hat Überlebende in Litauen aufgesucht, ihre Geschichten zusammengetragen, sich die Lieder vorsingen lassen, alles dokumentiert, eine Ausstellung aufgebaut, einen Film gedreht und ein Hilfswerk gegründet, das Spenden sammelt, um ehemalige Ghetto- und KZ-Häftlinge zu unterstützen, deren Not in Litauen auch heute noch groß ist.

Allein schon, um hierfür Spenden zu sammeln, hätte man sich für diese Veranstaltung einen größeren Rahmen und breitere öffentliche Aufmerksamkeit gewünscht.  

Und hier der Link zu Roswitha Daschs Webseite, und zwar direkt zu ihrem gemeinnützigen Verein mit Spendennummer => KLICK
 



Hier der Link zum Wikipedia-Eintrag über das Ghetto in Wilna =>

Laut Wikipedia war das Ghetto Vilnius, damals Ghetto Wilna, ein nationalsozialistisches Ghetto in der Altstadt der litauischen Hauptstadt Vilnius (deutsch Wilna), in das die deutschen Besatzer die jüdische Bevölkerung sperrten. Das Ghetto bestand aus zwei Teilen, dem Großen und dem Kleinen Ghetto, die voneinander durch eine Straße getrennt waren. 1931 betrug der Anteil der jüdischen Bevölkerung in Vilnius, das als das Jerusalem des Ostens galt, 28 Prozent bzw. 55.000 Personen. Die meisten von ihnen wurden ermordet, zum großen Teil im nahe Vilnius gelegenen Ponar, heute ein Vorort der Stadt.