Donnerstag, 7. Juni 2018

Perlenkette 2




Kleiner Rucksack - großes Thema

Die stadtweite Aktion „Baden-Baden liest ein Buch“ erreicht inzwischen alle Altersklassen. In den Schulen wird das Buch gelesen und in Theatergruppen aufbereitet, es gibt Vorträge, Spaziergänge, Vorlese-Aktionen im Rathaus und in Seniorenheimen. Und auch die Kleinsten sind mittlerweile dabei, dank des Vereins „Leselust in Baden“.

Das Team um Eva Egloff hat sich etwas Besonderes ausgedacht, denn das Buch, um das es bei der Aktion eigentlich geht, „Ertrinken“ von Gerhard Durlacher, ist natürlich für die ganz Kleinen ungeeignet. Und so hat der Verein Leselust kurzerhand ein Märchen passend zum Thema Flucht ausgewählt.

In „Das Mädchen mit der Perlenkette“ geht es um die sechsjährige Raha, die zusammen mit ihrer Mutter aus ihrer Heimat nach Deutschland flieht, um in Freiheit leben zu können. Ein ernstes Thema, das der Autor Alexander Jansen kindgerecht aufgearbeitet hat. Und die leselustigen Damen des Vereins setzen noch eins drauf: Sie ziehen die kleinen Zuhörer von der ersten Minuten in ihren Bann, wie bei einer Stippvisite im Stadtmuseum gestern zu erleben war. 


 

Aufgeweckte Jungen und Mädchen aus der Kita St. Wendelinus aus Haueneberstein war gestern Vormittag zu Gast. Die wussten schon, was es mit dem Wort Flüchtling auf sich hat, denn in ihrem Ortsteil gibt es eine große Unterkunft, und die hatte auch noch am Tag zuvor gebrannt. Sie wussten auch, dass Menschen vor Krieg und Hunger fliehen.

Aber wie das geht, erlebten sie dann hautnah, als es zu überlegen galt, was sie denn selber mitnehmen würden, wenn sie für ganz, ganz lange Zeit weggehen müssten. Essen und Trinken natürlich, Kleidung, Kissen, Kuscheltiere, Bücher, Spiele, Schuhe.. schnell wuchs der Berg an Sachen, und irgendwann war jedem klar: Das passt niemals in einen kleinen Rucksack. Und einen großen Koffer kann man nicht mitnehmen, der würden anderen Menschen auf dem Boot den Platz wegnehmen.

Einer der Steppkes hatte einen Vorschlag: „Das Spielzeug kann weg. Das basteln wir im neuen Land selber.“ Gute Idee! Dennoch musste viel zurückbleiben auf dem Haufen.

Und dermaßen eingestimmt auf die Problematik lauschten die Kleinen aufmerksam, was Eliane Kohorst ihnen von Raha und ihrer Kette mit den sechs Glücksperlen vorlas. Eva Egloff bediente das Bildtheater zum Text, und so verflog die Dreiviertelstunde im Nu.

Ein Riesenerfolg also! Und das nicht nur gestern. Zwei Vorstellungen hatte der Verein für diese Aktion eingeplant, doch die Nachfrage war so groß, dass auf fünf Termine aufgestockt werden musste.

Jetzt hat sich der Verein Leselust die etwas größeren Kinder beziehungsweise Jugendlichen vorgenommen: Schüler der Mittelstufe (8. bis 10. Klasse) stehen im Visier einer szenischen Lesung, die man eigens für diesen Zweck aus den Durlacher-Texten zusammengestellt hat. Anhand von kleinen Szenen und Rollenspielen soll hier deutlich werden, wie immer mehr Freunde und Familienmitglieder den kleinen Gerhard verlassen, bis am Ende nur noch er alleine da steht.

Bisher hat sich erst eine Schulklasse für diese Aktion angemeldet, die im Stadtmuseum stattfinden wird. Hier ist also noch Luft nach oben, und so engagiert, wie der Verein das Thema anpackt, wäre es schade, wenn es bei dem einen Termin bleiben würde. Klassenweise Anmeldungen nimmt das Stadtmuseum gerne entgegen! Es gäbe noch Termine am 12. und am 17. Juli.