Donnerstag, 13. September 2018

Steinbach


Exil - kann das jemals eine neue Heimat sein?
Vortrag über Vertreibung, Entheimatung, Erinnerung

Was bedeutet es zu fliehen? Ankommen - was ist das? Kann „ankommen“ überhaupt möglich sein? Flucht und dann ein Leben im Exil bedeuten immer einen gewaltiger Umbruch im Leben. Und die „Aufnahme-Gesellschaften“ reagieren oftmals nicht erfreut, sondern in der Regel ablehnend, und verstärken dadurch die Not der Emigranten. Diese haben schon genug mit anderen Dingen zu kämpfen, sie können die Sprache des Aufnahmelandes nur schlecht und werden als fremd empfunden und misstrauisch beäugt, weil sie vielleicht anderen Menschen den Arbeitsplatz wegnehmen könnten. Themen, die nicht erst seit heute aktuell sind.

Es sind Erkenntnisse, wie sie der Historiker Prof. Dr. Peter Steinbach in langen Jahren Forschungsarbeit gewonnen hat. Das Bündnis „Baden-Baden ist ist bunt“, der Arbeitskreis „Stolpersteine“ und die Volkshochschule haben den Wissenschaftler deshalb eingeladen, im Rahmen der Aktion „Baden-Baden liest ein Buch, Gerhard Durlacher: Ertrinken“ einen Vortrag zu halten.

Grußworte werden die Leiterin der Volkshochschule, Monika Burck, und die Integrationsbeauftragte der Stadt, Hanna Panther, sprechen.

Exil – eine neue Heimat? Vertreibung, Beheimatung, Erinnerung“ so heißt der Titel seines Vortrag, den er am 

Donnerstag, 20. September, um 19 Uhr in der Aula der Vincenti-Grundschule 

halten wird. Der Ort wurde bewusst ausgewählt, denn in der Vincenti-Schule hatte Gerhard L. Durlacher seine ersten Schuljahre verbracht und dieser Zeit in seinem Buch "Ertrinken" einige Passagen gewidmet. So erinnert er sich beispielsweise an den ersten Schultag, als ein gewisser Oberlehrer Kreis ihn als jüdisches Kind von den anderen Kindern separieren wollte - oder musste.


Eine Szene, die übrigens bis heute nachwirkt, denn im Zuge der Aktion "Baden-Baden liest ein Buch" hat sich auch die Klasse 8b des Gymnasiums Hohenbaden mit dem Thema beschäftigt. Es wurden Rollenbiografien angefertigt, und einer der Schüler, der 13jährige Felix Vogt, schlüpfte dabei sehr überzeugend und einfühlsam in die Figur des Oberlehrers Kreis. Was dachte dieser Mann? Warum handelte er so? Warum konnte er nicht anders entscheiden? Felix wird im Rahmen des Vortragsabends seine Überlegungen dazu vorstellen.

 

Anschließend wird der Referent des Abends, Prof. Steinbach, die Geschichte des Exils mit einer Betrachtung von Exil-Literatur verbinden, vor allem aber auch die Umstände der erhofften und verweigerten Beheimatung aufgreifen. Dabei wird es auch um Gerhard L. Durlacher und seine literarisch manifestierte Zeitzeugenschaft gehen. 

Mit den Romanen "Exil" von Lion Feuchtwanger, im "Wendepunkt" von Klaus Mann, in "Transit" von Anna Seghers und in den "Flüchtlingsgeschichten" von Brecht können wir die Herausforderungen des Lebens im Exil begreifen lernen. Exil und Flucht bedeuten Enthausung und Entheimatung. Die Aufnahmegesellschaften reagierten in der Regel ablehnend und verstärkten die Not des Emigranten.

Der durchschnittliche Emigrant hatte - anders als Thomas Mann und Feuchtwanger - keine große Berufserfahrung, beherrschte die Sprache seiner Zufluchtsländer schlecht, wurde als fremd und als Konkurrent auf dem Arbeitsmarkt empfunden. Hinter ihm lagen Gefahren und Enttäuschungen, die erklären, weshalb nur wenige Flüchtlinge Vertrauen zu Mitmenschen, Staaten und Institutionen fassen konnten und seelisch gezeichnet blieben.

In diesem Zusammenhang wird Steinbach auch auf Anna Gmeyners Roman "Manya" eingehen (Aufbau-Verlag), den manches mit Durlachers "Ertrinken" verbindet.


Foto: U. Bandl

Zur Person:
Prof. Dr. phil. habil. Peter Steinbach (Jahrgang 1948) studierte Geschichte, Politikwissenschaft, Pädagogik und Philosophie. 1978 erfolgte die Doppelhabilitation in Neuerer und Neuester Geschichte und Politikwissenschaft. Er lehrte an der Universität Passau, der Freien Universität Berlin, der Universität Karlsruhe und Mannheim. 2013 emeritierte er. Weiterhin ist er seit 1983 Wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, seit 2001 Vorsitzender des Internationalen Beirats der Topographie des Terrors und war 2004 bis 2008 kommissarisch auch Wissenschaftlicher Direktor der Topographie des Terrors.

Donnerstag, 20. September, 19 Uhr, Aula der Vincentischule 

Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Eine Kooperation des "Bündnisses Baden-Baden ist bunt" und dem Arbeitskreis Stolpersteine mit der Volkshochschule Baden-Baden und der Vincenti-Schule. 
Bitte beachten Sie: Der Zugang zur Aula im zweiten Stock der Schule ist leider nicht barrierefrei. 

Die Veranstaltung kam auf Inititiave des ehrenamtlichen Arbeitskreises Stolpersteine zustande. Hier freut sich immer über Spenden für weitere Stolpersteine:

Empfänger: Stadtarchiv Baden-Baden
Verwendungszweck: Stolpersteine (bitte unbedingt angeben)

Sparkasse IBAN: DE25 6625 0030 0000 0108 68
Volksbank IBAN: DE40 6629 0000 0280 1754 04