Donnerstag, 14. Juni 2018

Vorlese-Aktionen


"Jeder, der hören wollte, konnte hören..."
Leseaktionen mit dem Durlacher-Buch

Heute war Endspurt im Lesegarten des Rathauses, und alle kamen: „Ausverkauft“, würde man sagen, hätte man Eintritt zahlen müssen, „volles Haus“, wenn es nicht im Freien gewesen wäre. „Volle Bänke“ also. 



 
Was sehr erfreulich ist, denn das Thema an sich war und ist ernst. „Ertrinken“ von Gerhard Durlacher in der Gänze zu hören, geht noch etwas mehr unter die Haut als es für sich zu lesen. Gebannt hörte das Publikum zu, fast konnte man spüren, wie der eine oder andere eine Gänsehaut bekam. Vor allem das Schlusskapitel, in dem für den kleinen Gerhard – neben all den für ihn unverständlichen Gräueln unfassbar – sein geliebter Hund getötet werden musste, und die Schluss-Sequenz, die Wiederkehr nach vielen, vielen Jahren, ließen niemanden unberührt: „Dies ist kein Land von Blinden, Stummen, Tauben. Jeder, der hören wollte, konnte hören. Jeder, der sehen wollte, konnte sehen.“ Sätze, die sich einbrennen.

Das Kulturbüro der Stadtverwaltung, das im Rahmen der stadtweiten Aktion „Baden-Baden liest ein Buch“ in dieser Woche das Buch in der Mittagspause vorlas, zeigte sich von der Resonanz der Bevölkerung beeindruckt. Selbst bei Regen kamen am Dienstag ein Dutzend Menschen, man zog sich kurzerhand in den trockenen gläsernen Übergang zum Sitzungssaal zurück und hatte auch von hier einen mahnenden Blick auf die Stadt. Heute nun zum Finale waren es immerhin 20 Personen, die unter den großen Bäumen des Gärtchens auf Holzbänken Platz nahmen.

Sichtlich berührt wollte die Chefin des Kulturbüros, Petra Heuber-Sänger, am Ende gar keine großen Schlussworte sprechen, denn „Durlachers Erzählung ist von bitterer Präzision und schockierender Eindringlichkeit.“ Nur so viel wollte sie allen auf den Weg geben: „Vor dem Haus in der Lichtentaler Straße 56 liegen drei Stolpersteine. Vielleicht helfen sie uns, wachsam zu bleiben. Denn im Getöse unserer eigenen Geschäftigkeit hören wir scheinbar die Sirenen nicht – oder sie werden überlagert von den schrillen Tönen in unserer aktuellen politischen Kultur.“



Nächste Woche geht es weiter: Am Dienstag, 19. Juni, und Mittwoch, 20. Juni, wird Tina Lipps (Foto: privat) jeweils ab 16 Uhr eine Stunde lang im Gemeinschaftsraum des Via-Wohnprojekts, in der Cité, Pariser Ring 39 (Bus 205) einige ausgewählte Kapitel aus Durlachers Buch vorlesen und gerne auch darüber diskutieren. Eine Gelegenheit für alle, die den Weg in die Stadtmitte diese Woche nicht gefunden haben. Herzlich willkommen, der Eintritt ist frei! => KLICK

Und außerdem läuft - allerdings nicht öffentlich - im Augenblick eine Vorlese-Aktion in der Tagesstätte der Caritas. Hier liest Stefan Lutz-Bachmann älteren Menschen aus dem Buch vor, mit ähnlich guter Resonanz übrigens. Wir verzichten allerdings mit Rücksicht auf die Privatsphäre dieser Zuhörer auf Fotos.