Freitag, 26. Januar 2018

RWG


Gedenkstunde mit dem Durlacher-Buch
Erinnern heißt, Achtung zu erweisen

Es ist der 25. Januar 2018. Ein Vormittag im Richard-Wagner-Gymnasium. Doch heute ist in der dritten und vierten Stunde für die Unter- und Mittelstufe kein gewöhnlicher Unterricht. Die Schüler und Schülerinnen sind zusammengekommen, um den Holocaust-Gedenktag zu begehen. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die Überlebenden aus dem Vernichtungslager Auschwitz. 


 

Unter Federführung der Lehrerinnen Anke Flesch und Jaqueline Olesen steht in diesem Jahr das Schicksal von Gerhard Durlacher im Mittelpunkt der Veranstaltung. Denn das RWG ist einer von vielen Partnern, die sich an der Aktion „Baden-Baden liest ein Buch“ beteiligen. Die Schule hat auch den Stolperstein zum Gedenken an Durlacher in der Lichtentaler Straße gespendet.

Nach einer kurzen Einführung zur Tradition der Schule, diesen besonderen Tag jährlich mit unterschiedlichen Veranstaltungen für die einzelnen Jahrgänge zu gestalten, treten die Akteure der Unterstufen-Theater-AG vor. Sie haben in den letzten Wochen die Autobiographie „Ertrinken“ von Gerhard Durlacher gelesen und sich eingehend mit seiner Geschichte befasst. Die Schüler haben sich viele Gedanken, darüber gemacht, wie sie das Schicksal des jüdischen Jungen Gerhard, der in ihrer Stadt aufwuchs, ihren Mitschülern näher bringen können. 

 

Sie erzählen in einer ergreifenden Szene von Durlachers Erlebnissen in der Schule. Er und sein Freund Harro wurden von Mitschülern, die der NSDAP angehörten, gejagt und verprügelt. Daraufhin verbietet Harros Mutter ihrem Sohn den Umgang mit Durlacher. Durlacher wird ausgegrenzt und zum Außenseiter. Sein Erleben daran, das ihn auch im Schlaf verfolgt, wird in einem schwarz-weiß Film in schneller Abfolge wiedergegeben. Diese Video-Aufnahmen haben die Schüler während der Proben festgehalten und zusammen geschnitten. Die Bilder kommen wie Gedankenfetzen rüber und das, was man hört, hallt nach. Eine bewegende Auseinandersetzung der Geschehnisse. 

 

In ihrem Schlusswort mahnt Jacqueline Olesen zu Respekt und Zivilcourage. Sie stellt klar, dass die gezeigten Darstellungen aus keiner erfunden Geschichte stammen. Es ist eine Geschichte, die nach diesem Schema unter dem Regime der Nazis viele Male mit vielen Menschen passiert ist. Menschen, die anders denken, einer anderen Religion angehören, anders aussehen. Sie dürfen niemals zurückgestoßen und ausgegrenzt werden. Nicht in einer überschaubaren Schulgemeinschaft, nicht in der Gesellschaft, nirgendwo auf der Welt. Erinnern heißt nicht nur an die Menschen zu denken, sondern ihnen Achtung zu erweisen.

Am Anschluss stehen alle Schüler auf, nehmen sich an den Händen und gedenken in einem Moment der Stille den Nazi-Opfern und allen Menschen, die Krieg und Gewalt ausgesetzt sind. Die Schüler versprechen, sich mit Respekt und Achtung zu begegnen und keine Ausgrenzung zuzulassen. Leise gehen sie in ihre Klassenräume zurück.

(Text: Silke Heimann, Fotos: RWG)