Gedenkstunde mit dem Durlacher-Buch
Erinnern heißt, Achtung zu erweisen
Es
ist der 25. Januar 2018. Ein Vormittag im Richard-Wagner-Gymnasium.
Doch heute ist in der dritten und vierten Stunde für die Unter- und
Mittelstufe kein gewöhnlicher Unterricht. Die Schüler und
Schülerinnen sind zusammengekommen, um den Holocaust-Gedenktag zu
begehen. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die Überlebenden
aus dem Vernichtungslager Auschwitz.
Unter
Federführung der Lehrerinnen Anke Flesch und Jaqueline Olesen steht
in diesem Jahr das Schicksal von Gerhard Durlacher im Mittelpunkt der
Veranstaltung. Denn das RWG ist einer von vielen Partnern, die sich
an der Aktion „Baden-Baden liest ein Buch“ beteiligen. Die Schule
hat auch den Stolperstein zum Gedenken an Durlacher in der
Lichtentaler Straße gespendet.
Nach
einer kurzen Einführung zur Tradition der Schule, diesen besonderen
Tag jährlich mit unterschiedlichen Veranstaltungen für die
einzelnen Jahrgänge zu gestalten, treten die Akteure der
Unterstufen-Theater-AG vor. Sie haben in den letzten Wochen die
Autobiographie „Ertrinken“ von Gerhard Durlacher gelesen und sich
eingehend mit seiner Geschichte befasst. Die Schüler haben sich
viele Gedanken, darüber gemacht, wie sie das Schicksal des jüdischen
Jungen Gerhard, der in ihrer Stadt aufwuchs, ihren Mitschülern näher
bringen können.
Sie
erzählen in einer ergreifenden Szene von Durlachers Erlebnissen in
der Schule. Er und sein Freund Harro wurden von Mitschülern, die der
NSDAP angehörten, gejagt und verprügelt. Daraufhin verbietet Harros
Mutter ihrem Sohn den Umgang mit Durlacher. Durlacher wird
ausgegrenzt und zum Außenseiter. Sein Erleben daran, das ihn auch im
Schlaf verfolgt, wird in einem schwarz-weiß Film in schneller
Abfolge wiedergegeben. Diese Video-Aufnahmen haben die Schüler
während der Proben festgehalten und zusammen geschnitten. Die Bilder
kommen wie Gedankenfetzen rüber und das, was man hört, hallt nach.
Eine bewegende Auseinandersetzung der Geschehnisse.
In
ihrem Schlusswort mahnt Jacqueline Olesen zu Respekt und
Zivilcourage. Sie stellt klar, dass die gezeigten Darstellungen aus
keiner erfunden Geschichte stammen. Es ist eine Geschichte, die nach
diesem Schema unter dem Regime der Nazis viele Male mit vielen
Menschen passiert ist. Menschen, die anders denken, einer anderen
Religion angehören, anders aussehen. Sie dürfen niemals
zurückgestoßen und ausgegrenzt werden. Nicht in einer
überschaubaren Schulgemeinschaft, nicht in der Gesellschaft,
nirgendwo auf der Welt. Erinnern heißt nicht nur an die Menschen zu
denken, sondern ihnen Achtung zu erweisen.
Am
Anschluss stehen alle Schüler auf, nehmen sich an den Händen und
gedenken in einem Moment der Stille den Nazi-Opfern und allen
Menschen, die Krieg und Gewalt ausgesetzt sind. Die Schüler
versprechen, sich mit Respekt und Achtung zu begegnen und keine
Ausgrenzung zuzulassen. Leise gehen sie in ihre Klassenräume zurück.
(Text: Silke Heimann, Fotos: RWG)
(Text: Silke Heimann, Fotos: RWG)