Kleiner Rucksack - großes Thema
Die
stadtweite Aktion „Baden-Baden liest ein Buch“ erreicht
inzwischen alle Altersklassen. In den Schulen wird das Buch gelesen
und in Theatergruppen aufbereitet, es gibt Vorträge, Spaziergänge,
Vorlese-Aktionen im Rathaus und in Seniorenheimen. Und auch die
Kleinsten sind mittlerweile dabei, dank des Vereins „Leselust in
Baden“.
Das
Team um Eva Egloff hat sich etwas Besonderes ausgedacht, denn das
Buch, um das es bei der Aktion eigentlich geht, „Ertrinken“ von
Gerhard Durlacher, ist natürlich für die ganz Kleinen ungeeignet.
Und so hat der Verein Leselust kurzerhand ein Märchen passend zum
Thema Flucht ausgewählt.
In
„Das Mädchen mit der Perlenkette“ geht es um die sechsjährige
Raha, die zusammen mit ihrer Mutter aus ihrer Heimat nach Deutschland
flieht, um in Freiheit leben zu können. Ein ernstes Thema, das der
Autor Alexander Jansen kindgerecht aufgearbeitet hat. Und die
leselustigen Damen des Vereins setzen noch eins drauf: Sie ziehen die
kleinen Zuhörer von der ersten Minuten in ihren Bann, wie bei einer
Stippvisite im Stadtmuseum gestern zu erleben war.
Aufgeweckte
Jungen und Mädchen aus der Kita St. Wendelinus aus Haueneberstein
war gestern Vormittag zu Gast. Die wussten schon, was es mit dem Wort
Flüchtling auf sich hat, denn in ihrem Ortsteil gibt es eine große
Unterkunft, und die hatte auch noch am Tag zuvor gebrannt. Sie
wussten auch, dass Menschen vor Krieg und Hunger fliehen.
Aber
wie das geht, erlebten sie dann hautnah, als es zu überlegen galt,
was sie denn selber mitnehmen würden, wenn sie für ganz, ganz lange
Zeit weggehen müssten. Essen und Trinken natürlich, Kleidung, Kissen, Kuscheltiere, Bücher, Spiele, Schuhe.. schnell wuchs der Berg an Sachen, und
irgendwann war jedem klar: Das passt niemals in einen kleinen
Rucksack. Und einen großen Koffer kann man nicht mitnehmen, der
würden anderen Menschen auf dem Boot den Platz wegnehmen.
Einer
der Steppkes hatte einen Vorschlag: „Das Spielzeug kann weg. Das
basteln wir im neuen Land selber.“ Gute Idee! Dennoch musste viel
zurückbleiben auf dem Haufen.
Und dermaßen eingestimmt auf die Problematik lauschten die Kleinen aufmerksam,
was Eliane Kohorst ihnen von Raha und ihrer Kette mit den sechs Glücksperlen vorlas. Eva Egloff bediente das Bildtheater
zum Text, und so verflog die Dreiviertelstunde im Nu.
Ein
Riesenerfolg also! Und das nicht nur gestern. Zwei Vorstellungen
hatte der Verein für diese Aktion eingeplant, doch die Nachfrage war
so groß, dass auf fünf Termine aufgestockt werden musste.
Jetzt hat
sich der Verein Leselust die etwas größeren Kinder beziehungsweise Jugendlichen vorgenommen: Schüler
der Mittelstufe (8. bis 10. Klasse) stehen im Visier einer szenischen
Lesung, die man eigens für diesen Zweck aus den Durlacher-Texten
zusammengestellt hat. Anhand von kleinen Szenen und Rollenspielen soll hier deutlich
werden, wie immer mehr Freunde und Familienmitglieder den kleinen
Gerhard verlassen, bis am Ende nur noch er alleine da steht.
Bisher
hat sich erst eine Schulklasse für diese Aktion angemeldet, die im
Stadtmuseum stattfinden wird. Hier ist also noch Luft nach oben, und
so engagiert, wie der Verein das Thema anpackt, wäre es schade, wenn
es bei dem einen Termin bleiben würde. Klassenweise Anmeldungen
nimmt das Stadtmuseum gerne entgegen! Es gäbe noch Termine am 12. und am 17. Juli.