Ein unvergesslicher Abend des Erinnerns
„Trotzdem
leben“ - wie treffend war dieser Titel für die
Zentralveranstaltung der Mitmachtaktion „Baden-Baden liest ein
Buch“ gewählt! Dieser Meinung waren alle Teilnehmer des Abends,
den das Bündnis „Baden-Baden ist bunt“ zusammen mit dem
Richard-Wagner-Gymnasium am 8. Mai organisiert hatte, und zu dem
Witwe und Töchter Gerhard Durlachers eigens aus Amsterdam angereist
waren.
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Jessica Durlacher bei ihrer Lesung (Foto: M.Beck) |
Der
Zuspruch zu dieser Veranstaltung war groß, die Mittelebene der
Schule war trotz zahlreicher anderer Veranstaltungen an diesem Tag
und trotz des schönen Wetters gut gefüllt. Im Mittelpunkt stand
natürlich Gerhard Durlacher und sein Buch „Ertrinken“, aber auch
sein Leben als Familienvater.
Seine Witwe Anneke Durlacher und zwei
seiner Töchter, Jessica und Eva Durlacher, ließen in einem sehr
persönlichen und emotionalen Gespräch mit der Historikerin und
ARTE-Redakteurin Angelika Schindler immer wieder durchblicken, wie
sehr der Vater und dessen nie ausgesprochene Erinnerungen das
Familienleben geprägt hatten. Offen gab Mutter Anneke zu, dass sie
es bedauere, ihren Kindern nicht die unbeschwerte Kindheit ermöglicht
zu haben, die Kinder eigentlich haben sollte – wozu ja auch eine
Auseinandersetzung mit dem Vater gehören würde. Das jedoch war im
Hause Durlacher nicht möglich, immer wieder wurde auf den Vater
unausgesprochen Rücksicht genommen.
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Anneke Durlacher (rechts) im Gespräch mit Angelika Schindler (Foto: M. Beck) |
Dennoch fanden und machten ihre
Töchter ihren Weg: Jessica, die zu Lebzeiten ihres Vater vergebens
nach Worten rang, wurde nach seinem Tod zur erfolgreichen
Schriftstellerin, die sich mit der Vergangenheit des Vater
unermüdlich fiktiv auseinandersetzt, ihre Schwester Eva fand ihre
Erfüllung in der Kunst.
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Eva und Jessica Durlacher (Foto: M.Beck) |
Und
alle rangen auch während dieses bewegenden Abends immer wieder mit
der Fassung. Einen besonders tiefen Eindruck machte auf die
zahlreichen Zuschauer ein kurzer Filmausschnitt, in dem ein Interview
mit Gerhard Durlacher kurz vor seinem Tod gezeigt wurde. Er sprach
darin sehr eindrücklich von dem „schwarzen Loch“ der
Erinnerungen, über das man besser einen Vorhang des Vergessens und
Schweigens hängen sollte, um nicht daran zu zerbrechen. Einige
seiner Erinnerungen an die furchtbaren Erlebnisse des
Auschwitzüberlebenden blitzten in der kurzen Interviewpassage auf
und nahmen den Zuschauern von heute schier den Atem.
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Umrahmt
wurden das denkwürdige Gespräch mit der Familie und die Lesung der
Erfolgsautorin Jessica Durlacher von Auftritten der RWG-Schüler: Der
Unterstufen-Theater-AG unter Leitung der engagierten Lehrerin Anke
Flesch, der Klavierspielerin Diana Etzel aus der 9a und Julia
Tscherkas und Edgar Schmidt vom Oberstufen-Literaturkurs.
Lehrer
und Schüler sorgten mit großem Engagement dafür, dass alles wie am
Schnürchen klappte. Der Leiter des RWG, Matthias Schmauder,
erinnerte in seiner Begrüßungsrede an den 8. Mai 1945, das Ende des
Faschismus. Oberbürgermeisterin Margret Mergen zeigte sich
beeindruckt vom Engagement des Bündnisses „Baden-Baden ist bunt“.
Für
einen ganz besonderen Moment des Innehaltens und Nachdenkens sorgte
zudem der Kurzfilm „Ertrunken“ von Georg von Langsdorff. Der
Regisseur und Produzent aus Baden-Baden berichtete, dass ihm beim
Lesen von Gerhard Durlachers Buch plötzlich klar geworden sei, dass
„wir als Bürger dieser Stadt völlig vergessen hatten, was Ende
der 30er Jahre hier passiert ist. Jeden Tag laufen wir an Orten
vorbei, an denen sich schlimme Dinge abgespielt haben. Und wir haben
es entweder vergessen oder wissen das überhaupt nicht.“ So habe er
sich auf eine filmische Spurensuche begeben und die Schauplätze aus
dem Buch gesucht. Sein Film erinnert nun daran, dass zum Beispiel das
Fischgeschäft in der Gernsbacher Straße einst der Großmutter von
Gerhard Durlacher gehörte, die dort Handel mit Möbeln betrieb. „Ich
will auf das Vergangene hinweisen, es soll sich unterbewusst
festsetzen und immer dann kurz aufblitzen, wenn sich einer eine
Fischsemmel holt“, wünschte er sich.
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Der
Film ist ab sofort auf www.Badisches.de zu sehen, und => hier ist
der Film ebenfalls verlinkt. Vielleicht findet er auf diese Weise
auch in die Klassenzimmer der Baden-Badener Schulen? Denn der für
von Langsdorff wichtigste Satz sei am Mahnmal für den Holocaust am
Ende der Sophienstraße zu finden: „Das Geheimnis der Versöhnung
liegt in der Erinnerung“.
Für
dieses Erinnern setzt sich auch das Bündnis „Baden-Baden ist bunt“
ein und wird in den nächsten Wochen und Monaten weiterhin mit vielen
Aktionen dafür sorgen, dass sich die Stadt an das Schicksal ihrer
jüdischen Bürger erinnert. Hier geht es zum weiteren Programm => KLICK
Schon heute geht es weiter: Um 19.05 Uhr wird auf SWR2 mit dem Titel "Schatten einer jüdischen Kindheit in Baden-Baden" ein Interview mit Jessica und Anneke Durlacher gesendet. Hier der Link zur 30minütigen Aufzeichnung => KLICK
Schon heute geht es weiter: Um 19.05 Uhr wird auf SWR2 mit dem Titel "Schatten einer jüdischen Kindheit in Baden-Baden" ein Interview mit Jessica und Anneke Durlacher gesendet. Hier der Link zur 30minütigen Aufzeichnung => KLICK